• WHATSAPP

    0151 127 407 25

  • EMAIL

    moc.sgodtcefrep@ofni

Was uns zu guten Hundeführern macht

Der Weg zur Leitfigur

Die Hierarchie eines Rudels ist das Ergebnis unterschiedlicher Entscheidungsfreiräume der einzelnen Gruppenmitglieder. Jemand der Führungsaufgaben übernimmt steht in der Hierarchie einer Gruppe höher als andere, die weniger entscheiden. Derjenige, der den größten Entscheidungsspielraum hat, fungiert für die anderen als Leittier. Sie orientieren sich an seinen Entscheidungen. Diese Aufgabenteilung macht aus rein biologischer Sicht auch Sinn. Das Treffen von Entscheidungen ist anstrengend und verbraucht viel Energie. Leittiere sind deshalb einem höheren Stresslevel ausgesetzt als andere Tiere einer Gruppe („Life at the Top“, Studie an Paviangruppen von Laurence Gesquiere, Princeton-University). Viel einfacher ist es einer bereits getroffenen Entscheidung zu folgen. Deshalb ist es auch völlig normal, dass nicht jeder in einer Gruppe selbst alle anfallenden Entscheidungen treffen will und kann. Die meisten wollen lieber anderen die Last der Verantwortung überlassen und den Entscheidungen der Führungskräfte folgen.

Was hat das nun mit Hundeerziehung zu tun? Erziehung ist nichts anderes als Personalführung. Es ist sogar mehr als das. Ein Leittier, was im Normalfall auch das Elterntier ist, vermittelt seinen Nachkommen Regeln und Normen für das gemeinschaftliche Zusammenleben. Dazu muss das Leittier selbst wissen und entscheiden, was richtig und falsch und was gut und schlecht ist. Diese Entscheidungen für jemand anderen zu treffen bedeutet Verantwortung übernehmen. Das Leittier übernimmt die Führung in der Beziehung zu seinem Nachwuchs. Diese Rolle behalten die Leittiere meist ein Leben lang. Die Unterordnung der anderen Rudelmittglieder erfolgt dabei freiwillig, weil die Leittiere sinnvolle Entscheidungen treffen von denen jeder einzelne in der Gruppe profitiert.

Wenn wir als Hundehalter nun als Leitfigur von unserem Hund anerkannt werden wollen, müssen wir lernen Entscheidungen zu treffen von denen er profitiert. Welche Entscheidungen das sind können Sie in unserem Buch „Das Alpha Projekt“ nachlesen. Aber was müssen Sie tun, damit Sie die nötige Führungspersönlichkeit entwickeln?

Bei Hunden gibt es, genau wie auch bei uns Menschen verschiedene Typen von Charakteren, die sich in folgende Gruppen einordnen lassen.

Egoisten


Selbständig (Loner)
Der selbständige Egoist ist ein selbstbewusster Macher. Er kann sich selbst versorgen und ist auf niemanden angewiesen. Dabei trifft er die wesentlichen Entscheidungen alle selbst. Er kann keine Verantwortung an andere abgeben weil er nur sich selbst vertraut. Er ist der typische Einzelgänger und ordnet sich den Entscheidungen anderer meist gar nicht oder nur widerwillig unter. Seine Entscheidungen helfen in der Hauptsache ihm selbst. Wie es der Gemeinschaft geht spielt für ihn kaum eine Rolle, weshalb er auch nicht als Leitfigur von anderen wahrgenommen wird.

Unselbständig (Worm)
Der unselbständige Egoist ist weniger selbstbewusst und hat Probleme eigene Entscheidungen zu treffen. Er orientiert sich an Anderen mit dem Ziel größtmöglichen Nutzen von den Entscheidungen anderer zu ziehen. Er investiert weniger in die Gruppe als er nimmt. Er ist wie ein Schmarotzer oder ein Wurm, der an der Gruppe hängt ohne etwas für sie zu tun.

Altruisten


Selbständig (Leader)
Einem selbständigen Altruisten fällt es leicht Entscheidungen zu treffen, die der gesamten Gruppe zugutekommen. Ihm ist es wichtig von der Gruppe anerkannt zu werden, was ihn motiviert sich stark für die Gruppe zu engagieren. Seine selbstlosen Entscheidungen werden von der Gruppe anerkannt, was ihn zur Leitfigur macht.

Unselbständig (Follower)
Unselbständige Altruisten fällt es schwer die Bedürfnisse einer Gruppe in seiner Gesamtheit zu erfassen. Ihnen fällt es deshalb auch schwer Entscheidungen im Sinne der Gruppe zu treffen. Sie sind meist zurückhaltender und weniger selbstbewusst. Sie ordnen sich den Entscheidungen der Gruppe unter und passen sich dem Willen der Mehrheit an. Aus Unsicherheit falsche Entscheidungen zu treffen oder andere zu provozieren ordnen sie sich mit einer höheren Toleranz Entscheidungen anderer unter.

Außenseiter (Outsider)
Der Außenseiter trifft am wenigsten Entscheidungen und folgt auch nicht der Gruppe. Meist aus Angst, übertriebener Zurückhaltung oder Unfähigkeit. Der Außenseiter ist hilfebedürftig und auf die Zuwendung der Gruppe angewiesen um überleben zu können.

Wie Sie sehen sind nicht alle Individuen in einer Gruppe geeignet oder motiviert um diese auch zu führen. Vielen fällt es schwer und einigen mangelt es an den nötigen Fähigkeiten. Um genau zu sein sind die allerwenigsten dazu fähig eine Gruppe zu führen. Will man im Sinne der Gruppe Entscheidungen treffen, muss man seine eigenen Interessen hinter die der Gruppe stellen. Diese Eigenschaft ist sehr selten. Wer verzichtet schon gern zum Wohle anderer? Gute Führungskräfte tun genau das.

Die größte Gruppe in einer Gemeinschaft sind die sogenannten Follower. Sie müssen kaum Entscheidungen für die Gruppe treffen, was ihr Leben sehr vereinfacht. Meist sind Sie dazu auch nicht in Lage. Sie orientieren sich an anderen und brauchen jemanden der ihnen den Weg weist. Sie tun das was man ihnen sagt, ohne die Sinnhaftigkeit ihres Tuns zu hinterfragen. Das tun Sie solange wie sie den Entscheidungsträgern vertrauen.

Follower sind die Verkörperung der Gemeinschaft. Nur mit ihnen funktionieren Gruppen. Wenn jedes Mitglied einer Gruppe ein Entscheider wäre, würde es ständig Konflikte geben, um widersprüchliche Entscheidungen gegen andere durchzusetzen. Konflikte bedeuten Stress und bergen die Gefahr von Beschädigungskämpfen. Es ist für eine Gruppe also von Vorteil, wenn es wenige Leader und viele Follower gibt. Deshalb ist es auch völlig normal, dass nicht jeder ein geborener Anführer ist, sei es nun im Zusammenleben mit seinem Hund und oder gegenüber seinen Kindern. Aber man kann es lernen.

Führungspersönlichkeiten zeichnen sich durch ihren Entscheidungswillen aus. Bis dahin folgen die meisten Menschen der Definition von Führung. Was dabei meist wenig Beachtung findet, ist die Qualität der Entscheidungen. Damit ein Follower (ein Hund oder ein Kind) einem anderen folgt, müssen die Entscheidungen für ihn sinnvoll sein. Sie werden demnach erst zur Leitfigur, wenn es andere gibt die ihren Entscheidungen folgen. Ein Hund tut dies nur dann, wenn Ihre Entscheidungen für ihn von Vorteil sind.

Gute Entscheidungen zu treffen allein genügt jedoch noch nicht, um zu führen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Entscheidungen auch durchsetzen. Häufig kann man in Eltern Kind Beziehungen beobachten, wie schwer es den Eltern fällt eine Entscheidung auch durchzusetzen.

Hier ein positives Beispiel:
Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit Ihrem Kind die Straße entlang und kommen an eine viel befahrene Kreuzung. Sie sagen Ihrem Kind, das es an der Kreuzung stehen bleiben soll. In dem Moment haben Sie eine Entscheidung getroffen – Das Kind darf die Straße nicht betreten. Erkennen Sie, dass Ihr Kind nicht stehen bleibt, halten Sie es fest oder ziehen es zurück, damit es nicht auf die Straße läuft und sich womöglich selbst in Gefahr begibt. Sie setzen Ihre Entscheidung durch indem Sie aktiv werden und das was Sie von Ihrem Kind verlangen auch umsetzen. Das Kind ist noch nicht in der Lage Ihre Entscheidung zu verstehen, da es die Gefahr von Straßenverkehr noch nicht einschätzen kann. Weil Sie als Elternteil in dieser Situation die Verantwortung für Ihr Kind übernehmen treffen Sie diese sinnvolle Entscheidungen und setzen sie dann auch durch.

Hier ein negatives Beispiel:
Laura, hörst du bitte auf mit dem Kochlöffel auf den Topf zu schlagen? Laura, kannst du nicht hören? Laura, warum kannst du nicht einmal hören, wenn Mama dir etwas sagt… usw. usw.

Warum soll Laura mit dem aufhören, was sie gerade tut? Es macht ihr Spaß und für ein Kind ist es völlig normal und wichtig Dinge auszuprobieren. Also ist Ihre Entscheidung nicht sinnvoll. Wenn Sie jedoch Freunde zu Gast haben, macht Ihre Entscheidung Sinn. Denn es gehört zu den Normen unserer Gesellschaft sich angemessen zu verhalten, wenn Besuch zu Gast ist. Diese Norm zu vermitteln gehört zu den Aufgaben der Eltern. Trotzdem ist Ihre Entscheidung noch nicht gut, da Laura stattdessen als Alternative möglicherweise in der Wohnung umherflitzt, alle Lichtschalter in der Wohnung ausprobiert oder die Schranktüren auf ihre Haltbarkeit testet. Sie wären ständig am Verbieten und mit dem Durchsetzen Ihrer Verbote beschäftigt. Viel sinnvoller ist es Laura zu zeigen, wie sie sich in der aktuellen Situation richtig verhalten soll. So wird sie später wissen, wie sie sich richtig verhalten kann und nicht was alles verboten ist. Aber auch hier sollten Sie Ihre Entscheidung, die dieses Mal sinnvoll ist, auch durchsetzen. Wenn Sie Ihre Entscheidung nicht durchsetzen, brauchen Sie sie auch erst gar nicht zu treffen.

Auch wenn dieses Beispiel anhand eines Kindes beschrieben wurde, so ist die Herangehensweise bei der Erziehung eines Hundes die Gleiche.
In der Praxis sieht es jedoch meist so aus, dass wir weniger konsequent sind und auch die Sinnhaftigkeit unserer Entscheidungen nicht hinterfragen. Wenn wir heute Verhalten verbieten weil es uns nervt, es jedoch morgen wieder tolerieren, wird es Hunden wie auch Kindern schwerfallen sich an uns zu orientieren.

Aber das Gute ist, niemand wird als Führungspersönlichkeit geboren. Die Erfahrungen, die ein Mensch im Laufe seiner Kindheit sammelt, legen den Grundstein für sein Führungstalent. Eigentlich ist es ein ganz simpler Lernprozess, der letzten Endes aus einem Säugling eine Führungspersönlichkeit macht. In der Interaktion mit anderen lernt ein Kind welche Auswirkungen sein Verhalten auf andere und dann wieder auf sich selbst hat. Erhält es schon früh Anerkennung für seine selbstlosen Entscheidungen z. B. beim Spielen, wird er motiviert sein auch später Entscheidungen im Sinne einer Gruppe zu treffen. Lernt man es früh fällt es später viel einfacher.

Aber auch im Erwachsenenalter kann man lernen, zumindest in Teilbereichen seines Lebens, zur Leitfigur zu werden. Anfangs werden Sie bewusst Situationen suchen müssen, um diese dann aktiv zu entscheiden. Später werden sie weniger suchen müssen und es wird Ihnen viel leichter fallen schnell sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Das klappt besonders gut in Bereichen, wo Sie besser sind als andere. Um eine Gruppe führen zu können sollten Sie zu aller erst die Bedürfnisse jedes Einzelnen kennen über den Sie Entscheiden wollen oder müssen. Mit der Aussicht auf Befriedigung dieser Bedürfnisse können Sie Motivation aufbauen. Jeder Einzelne, der Ihnen folgen soll, benötigt dafür eine Motivation. Ihr Job ist es diese Motivation aufzubauen und z. B. Ihrem Hund einen Grund zu geben Ihnen zu folgen.

Lernen Sie Entscheidungen zu treffen und Konflikte zu lösen und suchen Sie für Misserfolge in Ihrem Verantwortungsbereich zuerst die Ursachen bei sich selbst. Fragen Sie sich selbst, was Sie das nächste Mal besser machen können.

Im Grunde gelten für Führungskräfte ob nun bei Mensch oder Hund die gleichen Gesetzmäßigkeiten. Der einzige aber gleichzeitig wichtigste Unterschied ist bei einem Hund Entscheidungen zu treffen, die in seiner Welt sinnvoll sind.

Mehr zum Thema können Sie in unserem Buch „Das Alpha Projekt“ nachlesen.

signum

Mehr zum Thema können Sie in unserem Buch „Das Alpha Projekt“ nachlesen.

signum

Dein Comment

* erforderlich